„Eigentlich dachten wir, der Frieden sei sicher“

Veröffentlicht am 08.02.2015 in Presseecho

aus Backnanger Kreiszeitung v. 2.2.2015:

Ex-Ministerpräsident Kurt Beck mahnt beim Lichtmessempfang der SPD die Politiker aller Konfliktparteien, das Gespräch zu suchen

Die erste Katastrophe des 20. Jahrhunderts, der Erste Weltkrieg, konnte deshalb entfacht werden, weil die Verantwortlichen nicht miteinander geredet haben. Kurt Beck sieht darin Parallelen zu heute. Beim Lichtmessempfang der SPD warnt er im Bildungszentrum eindringlich: „Man kann nicht mehr sagen: Eines ist sicher – der Frieden.“


Von Matthias Nothstein


WEISSACH IM TAL.Die Begrüßung des SPD-Kreisvorsitzenden Jürgen Hestler war noch von Heiterkeit geprägt, zumal es der 13. Lichtmessempfang der Sozialdemokraten war, eine Steilvorlage für allerlei witzige Gedanken zu der Unheil bringenden Zahl. Ganz kurz übernahm Kurt Beck, der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und SPD-Vorsitzende, den humorvollen Duktus seines Parteigenossen. Dann aber wurde er ernst. Sehr ernst sogar. Er erinnerte an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren und die Spaltung Europas und der Welt im Kalten Krieg. Dann der Niedergang des Warschauer Pakts und die Wiedervereinigung Deutschlands. Werte wie Friede und Freiheit – sie haben eine über 150-jährige Tradition in der SPD – und sie schienen unumkehrbar. „Wir haben alle gedacht, das haben wir geschafft. Dass nämlich die Einsicht da ist, dass Krieg die Menschheit zerstört und die Freiheit zu Boden ringt. Wir haben uns getäuscht.“

Als sei nichts gewesen, brachen sich neue Konflikte Bahn. „Siehe Ex-Jugoslawien.“ Damit nicht genug. Im Vorjahr kam es zum Ukraine-Konflikt, „der eine ganz große Gefahr ist“. Beck: „Man erschrickt, wie hilflos wir sind gegenüber der Zuspitzung, ausgelöst durch völkerrechtliches Fehlverhalten Russlands.“ In dieser Zeit müsste man eigentlich miteinander reden, forderte Beck. Aber stattdessen erleben wir, wie bei der Erinnerungsfeier zur Befreiung des KZ Auschwitz Russlands Präsident Wladimir Putin nicht eingeladen wird. Der kündigt nun an, zu den Jubiläums-Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un einzuladen. Wieder wurde eine Chance zu reden vertan, denn es sei klar, „man kann weder Kanzlerin Angela Merkel noch anderen zumuten, sich mit diesem Menschenverächter auf einer Tribüne zu zeigen“. Beck zog Parallelen zum Beginn des Ersten Weltkriegs, als alle Protagonisten miteinander verwandt waren. „Heute duzen sich Merkel und Putin, sind aber sprachlos.“ Es sei eine Art des Misstrauens aufgekommen, die einem Sorge bereiten müsse. „Man kann nicht mehr sagen, eines ist sicher – der Frieden. Ich komme nicht, um Ihnen Angst zu machen. Aber es ist höchste Zeit, dass man statt als G7 wieder als G8 zusammen kommt und man darüber redet, wie wir aus dieser Situation wieder herauskommen.“

Nur kurz streifte der Sozialdemokrat am Ende seiner Rede Themen wie den Mindestlohn. Und er geißelte den Irrweg von Dauerpraktika und Zeitverträgen. Menschen, denen trotz guter Ausbildung auch mit über 30 Jahren nur Zeitverträge angeboten werden, denen fehle die Perspektive für eine Familiengründung. Beck rief den zahlreichen Besuchern in der Sitzmulde in Erinnerung, wie die Berufsfindung früher üblich war. „Junge Menschen machten eine Ausbildung, erhielten dann eine Probezeit und – wenn sie nicht versagten oder die Firma Konkurs ging – eine Festanstellung. Mit dieser Sicherheit fiel es ihnen einfach, sich für Familie und Kind zu entscheiden.“ In vielen Bereichen ist dies heute eine Fiktion.

Dass das Reden miteinander unabdingbar ist, das betonte auch Christian Lange. Er lobte das Engagement von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der im Ukraine-Konflikt zusammen mit seinem französischen Amtskollegen nach dem Motto agiert: „Lieber 1000 Mal gesprochen als ein Mal geschossen.“ Der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium kündigte auch an, dass der Rechtsstaat beim Thema Islamisten in Deutschland klare Kante zeigen wird, „der Rechtsstaat darf nicht einknicken“. Diejenigen, die die IS-Kämpfer in Deutschland unterstützen oder sich für einen Einsatz ausbilden lassen, werden mit aller Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen.

Die musikalische Umrahmung hatten Sophie Aspacher (Gesang) und Marc Kienzle (Gitarre) übernommen, beides Schüler der 10. Klasse am Bize.

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